Neujahrsbrief 2018

Funktioniert Aikido?

„Bücher und Worte

können die Schwerttechniken

nicht erfassen.

Vertraue solchen Dingen nicht –

strebe nach Erleuchtung!“

(M. Ueshiba: Budo)

Wenn wir auf einen Ameisenhaufen sehen, nennen wir ihn einen Ameisenhaufen, obwohl er aus tausenden Ameisen, aus Reisig, Erde und Blättern besteht. Und erst im Inneren…weitere Ameisen, Milben, Komposthaufen, Pilze… Alles ist eins und trotzdem hat alles ein Aussen und Innen; so auch der Mensch. Wir denken, dass die Welt sich zum Besseren wandelt, wenn wir das Aikido teilen, aber warum? Oft hören wir, „Funktioniert Aikido überhaupt?“, „Ist nicht dieses oder jenes besser?“. Auch wenn wir wissen, dass solche Fragen sinnlos sind, so sind sie doch nicht unsinnig und wir sollten darauf gleich das Aiki anwenden. Das Aiki anwenden bedeutet, auf dem Aiki-Weg fortschreiten. Die Fragen sind äußerlich und weil es uns schwer fällt, aussen und innen zu verbinden (Musubi), beunruhigen sie uns.

Ei!! Zerschneide den Feind, der in dir selbst lauert“ heißt es dazu in einem Budo-Gedicht von O-Sensei. Die Unruhe ist groß in diesen Zeiten der Reizüberflutung. Dabei ist die Antwort so einfach … und ist das nicht oft so, bei guten Antworten? Dass die Prinzipien des Aikido funktionieren ist ein Befund, kein Postulat, denn dafür muss man nur die Augen öffnen. Nehmen wir zum Beispiel Shisei. Shisei leitet sich aus seinen Bestandteilen: Sugata (Figur/Pose) und Ikioi (Kraft/Elan) her und lässt sich mit Haltungübersetzen. Ist nicht die korrekte Haltung Basis all unserer Tätigkeiten?

Wie können wir nun die korrekte Haltung finden? „Zuerst…“ antwortet Tamara Sensei „…bringe Ordnung in Deinen Körper, die Vase des Ki.“ Dabei dürfen wir die korrekte Haltung nicht mit einem „militärischen Geradestehen“ verwechseln. „Die Schultern sind locker, der Anus ist geschlossen und der untere Rücken ist nicht gewölbt, das Ki fließt ungestört aus dem Seika Tanden und der ganze Körper ist entspannt.“ Bei einem guten Shisei bedarf das Stehen keiner Anstrengung (der Mensch befindet sich in einem dynamischen Gleichgewicht, das Skelett bietet der Schwerkraft nur geringen Ansatz) und die Bewegungen erfolgen unter minimalen Energieaufwand.

Es besteht also kein Zweifel, dass dies funktioniert und besser ist als sein Gegenteil. So ist es mit allen Prinzipien des Aikido; ihre Verwirklichung führt zum Positiven…wenn man so will, zur Harmonie. Die Frage ist nur, sind wir, bin ich, in der Lage das umzusetzen? Wir sehen also zwei Dinge (ein Innen, ein Aussen): erstens Aikido ist in allen Dingen, die eine Haltung haben und zweitens, wir werden bei der Beantwortung der Frage, auch wie bei allem Dasein, mit dem wir in Berührung kommen, auf uns selbst zurückgeworfen. Die Frage, ob Aikido „funktioniert“ ist also sinnlos, denn sie führt in die Verwirrung. Das wäre, wenn wir vom Shisei ausgehen etwa so, als würden wir fragen, „Funktioniert ein Kran?“. „Ja,“ würden wir antworten, „das „Prinzip“ Kran funktioniert, aber ob ein bestimmter Kran funktioniert, hängt von den Umständen ab…“ Dennoch ist die Frage nach dem Funktionieren des Aikido nicht unsinnig, denn über sie führt das ehrliche Streben der Aikido-Eleven zu den zentralen Fragen auf der Tatami: „Funktioniert, was ich tue und wenn nicht, wie kann ich mich verbessern? Wie erlange ich eine tiefere Erkenntnis der Prinzipien…feinere Fertigkeiten in ihrer Umsetzung?“

„Wenn das Lernen

oberflächlich wird,

so folge der Führung

des Schwertes

mit Körper und Geist.“

(M.Ueshiba: Budo)​

Der Aikidoka muss scheitern, wenn er versucht den Weg mit Worten zu erklären und dennoch versuchen wir Älteren es immer wieder, um Euch Jüngere in Eurem Fortschritt zu unterstützen; deswegen nehmt es bitte an, sofern Ihr es brauchen könnt und vergesst es nachsichtig, sobald Ihr bessere Lösungen habt.

Ich freue mich schon auf unser nächstes Keiko und wünsche Euch ein Gutes Neues Jahr

Frank